Aufgeschoben ist zum Glück nicht aufgehoben!!
Nix geht über einen guten Plan!
Aufgeschoben ist zum Glück nicht aufgehoben!!
Pinsel waren gestern die Zweite! Und sehr wahrscheinlich auch letzte Gelegenheit, denn der Rückbau der Papierfabrik ist Ende des Monats Geschichte.
Ab mit meinen Fundstücken zum Zerlegeplatz. Im Hintergrund arbeitet Christian mit dem Schneidbrenner an einem alten Motorenteil aus dem Kraftwerk.So, kleine Einweisung und los geht es.
Ist wie mit einem großen Pinsel, nur ein bißchen heißer....Ich sehe aus wie Mork vom Ork mit meinem Betreuer... Christian vielen Dank für diese wunderbare Gelegenheit.
Das mag ich schon sehr...
Ab ins Atelier damit. Sauber machen und schauen wie es weiter geht.
"Pinsel waren gestern". Ach, was für ein wunderbares Experiment. Hat besser funktioniert als gedacht. Die alten Schilder vom Werksgelände haben ein Branding bekommen. Der Schneidbrenner verzeiht dabei keine Unaufmerksamkeit, ne Sekunde zu lang und schon ist das Blech durch. Für meinen alten Freund Gevatter Zufall ein riesen Glück. Einige der Schilder gefallen mir schon ganz gut. Wie eine kleine Bildergeschichte.
7 Großformatige Collagen auf Aludibond, 240 x 65 cm, 2023 sollen auf dem alten Werksgelände erzählen was hier einst geschah..
Das schlanke Hochformat war eine große Herausforderung. Dazu die Idee, die Tafeln Ortsbezogen zu arbeiten. Also, jede genau für einen vordefiniertes Gebäude, wie die alte Füllstoffzentral, den Kalandersaal oder das Kraftwerk.... Das hat mich doch einige Nerven gekostet.
Im Atelier bekommen alle Tafeln noch ihren UV und Wetter-, und Kantenschutz.
UND TSCHÜSS
Das Kraftwerk war
Herz und Motor der gesamten Produktion. Jahrzehnte lang sicherte es den stetig
steigenden Energiebedarf des Werks. Über ein fortwährend ratterndes Förderband
wurden die nimmersatten Öfen im Kesselhaus tonnenweise mit schwarzer Kohle
gefüttert. Fossile Nahrung, um die Turbinen für die Stromgewinnung anzutreiben:
„Ohne gesicherte, bedarfsgerechte Energieversorgung keine Papierproduktion“.
„Es war ein schweißtreibender, unverzichtbarer Knochenjob für alle hier
Beschäftigten“.
Auf dieser Tafel nun inszeniert Iris Stephan das Spannungsfeld
zwischen kraftvoller Dynamik und stillem Abgesang. In den schweren,
bunt-ätzenden Farben ihrer Malerei scheint etwas Bedrohliches zu leben, das
alles fressen muss, das alles wegrafft, um Kraft zu sammeln. Zugleich bildet
dieses Farbszenario den Hintergrund für das Ende, die Insolvenz, das endgültige
Aus am 30.04.2021.
ABGESTELLT
Wetterhäuschen
Auf dieser Tafel
rekonstruiert Iris Stephan mit Hilfe eines historischen Fotos aus der Stiftung
Zanders ein pittoreskes Beispiel verschwundener baulicher Substanz.
Die vergessene, ursprünglich hier beheimatete Wetter-station musste dem heute
diesen Platz einnehmenden Labor weichen. Nichts erzählt mehr von der Bedeutung
der hier gemessenen wichtigen meteorologischen Daten für den
Papierherstellungsprozess.
Das durch ein
verdecktes Wortfragment entfremdete Hinweisschild schafft eine überraschende,
nur auf den ersten Blick ungebrochen humorvoll wirkende Erweiterung des
ursprünglichen Sinnzusammenhangs. Die Künstlerin schafft hier eine geradezu
märchenhaft unschuldig anmutende Szene (junge Frau in weißem Kleid auf
Zehenspitzen vor Wetterhäuschen) und konfrontiert uns zugleich mit einem noch
heute aktuellen Tabuthema: dem gesellschaftlichen Umgang und den sozialen und
ökonomischen Folgen ungewollter Schwangerschaft.
Die Künstlerin verwandelt das ehemalige Wetterhäuschen in eine offizielle
Ausgabestelle für Verhütungsvorschriften - damals wie heute wohl undenkbar.
Gute alte Zeit
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Nur vom Feinsten
Das Kalandersaalgebäude erbaut 1888 ist
heute denkmal-geschütz.
Die Arbeiterinnen im Kalandersaal hatten die Aufgabe, die hochwertigen Papiere,
für die Zanders berühmt war, Blatt für Blatt zur Veredelung in den Kalander einzuführen.
Ein System aus beheizten und polierten Stahlwalzen entzog dem Papier seine
Restfeuchte und gab ihm Glätte und Glanz.
Nach dieser aufwendigen Spezialbehandlung wurde jeder einzelne Bogen von den
Sortiererinnen noch einmal einer Qualitätskontrolle unterzogen und dann erst
verpackt. Eine schwere, äußerst anstrengende Arbeit, die über Stunden
Genauigkeit und höchste Konzentration erforderte. Mit jedem Blatt hielten die
Mitarbeiter-innen somit ein Stück Verantwortung für die Einhaltung des
Qualitätsversprechens und dem daran gekoppelten Erfolg der Zanders-Feinpapier
AG buchstäblich in ihren eigenen Händen.
Drehschiebeeinheit
„Papier wird im Holländer gemacht“, so
sagen es die erfahrenen Papiermacher. In den wannenförmigen, mit Messerwalzen
ausgestatteten Trögen wurden Lumpen, Zellstoff, Holzstoffe und Altpapier
zerkleinert, zerfasert und durch Zugabe von Wasser gemahlen. Dann musste der
sogenannte Stoffmüller Füll-, Farb-, und
Hilfsstoffe
so anreichern, dass damit das gewünschte Papier zu produzieren war.
Iris
Stephan inszeniert eine Drehschiebeeinheit oben auf der Fotocollage wie eine
Krake, die auf ihren Einsatz lauert. Über ihn konnte man exakt steuern, welche
Mengen der notwendigen Stoffe in das Gemisch kamen. Ein kleiner Junge
beobachtet hier fasziniert, wie diese hochkomplexe Mischung entsteht:
Nach einer Zauberformel, die sich auch nicht offenbart, wenn wir ein Stück
fertiges Papier in den Händen halten.
Tanz der chemischen Prozesse
Das gelbe
Warnschild (ein Fundstück aus der Stoffaufbereitung der legendären
Papiermaschine PM3) auf der zweiten Tafel an der ehemaligen Füllstoffzentrale
fordert uns dazu auf, eine Schutzbrille zu tragen.
Dieser sicher fürsorglich gemeinten Aufforderung zu folgen scheint auch
dringend nötig, denn Iris Stephan lässt die Elemente frei.
Mit ihrer expressiven Malerei gibt sie diesem Werk Freiheit, sie lässt die
Farben streunen, Partner suchen. Hier eine Verbindung als glättende Aktion, dort eine Trennung als scharfe
Reaktion. Hier mischen sich die Stoffe, hier finden sie die beste Formation.
Die im Dunklen sieht man nicht
Das ursprüngliche Werkstattgebäude wurde
1880 errichtet und später durch An- und Umbauten zur Zentralwerkstatt
erweitert; denn mit der Anschaffung neuer Papiermaschinen (ab 1888) war doch
eine viel größere und modernere Reparaturwerkstatt erforderlich. Hier waren
fast alle handwerklichen Berufe vertreten.