Pinsel waren gestern!

 "Pinsel waren gestern". Ach, was für ein wunderbares Experiment. Hat besser funktioniert als gedacht. Die alten Schilder vom Werksgelände haben ein Branding bekommen. Der Schneidbrenner verzeiht dabei keine Unaufmerksamkeit, ne Sekunde zu lang und schon ist das Blech durch. Für meinen alten Freund Gevatter Zufall ein riesen Glück. Einige der Schilder gefallen mir schon ganz gut. Wie eine kleine Bildergeschichte.

Danke lieber Christian für die Fachkundige Einweisung in Sachen Schneidbrennerei.
 





 
Kurze Einweisung, dann mußte ich selber ran.
Ich finde einen Schneidbrennerkurs sollte jeder mal machen. Christian hat vielleicht noch Termine frei.







Meine "Zanders-Management" Serie 1-3, braucht wohl keine Erklärung! 

"Zanders-Management 01", 2023

"Zanders-Management 02", 2023

"Zanders-Management 03", 2023

- Zanders Tafelrunde /Tag des offenen Denkmal

7 Großformatige Collagen auf Aludibond, 240 x 65 cm, 2023 sollen auf dem alten Werksgelände erzählen was hier einst geschah..

Das schlanke Hochformat war eine große Herausforderung. Dazu die Idee, die Tafeln Ortsbezogen zu arbeiten. Also, jede genau für einen vordefiniertes Gebäude, wie die alte Füllstoffzentral, den Kalandersaal oder das Kraftwerk.... Das hat mich doch einige Nerven gekostet.

Im Atelier bekommen alle Tafeln noch ihren UV und Wetter-, und Kantenschutz. 



 

UND TSCHÜSS

Das Kraftwerk war Herz und Motor der gesamten Produktion. Jahrzehnte lang sicherte es den stetig steigenden Energiebedarf des Werks. Über ein fortwährend ratterndes Förderband wurden die nimmersatten Öfen im Kesselhaus tonnenweise mit schwarzer Kohle gefüttert. Fossile Nahrung, um die Turbinen für die Stromgewinnung anzutreiben: „Ohne gesicherte, bedarfsgerechte Energieversorgung keine Papierproduktion“. „Es war ein schweißtreibender, unverzichtbarer Knochenjob für alle hier Beschäftigten“.

Auf dieser Tafel nun inszeniert Iris Stephan das Spannungsfeld zwischen kraftvoller Dynamik und stillem Abgesang. In den schweren, bunt-ätzenden Farben ihrer Malerei scheint etwas Bedrohliches zu leben, das alles fressen muss, das alles wegrafft, um Kraft zu sammeln. Zugleich bildet dieses Farbszenario den Hintergrund für das Ende, die Insolvenz, das endgültige Aus am 30.04.2021.
ABGESTELLT

Der Mitarbeiter mit Tasche über der Schulter und seiner Jacke in der Hand blickt in eine ungewisse Zukunft. Er darf ein letztes Mal im Vordergrund stehen, stellvertretend für alle von der Insolvenz Betroffenen. In seinem Blick spiegeln sich die immer wachen Enttäuschungen und Kränkungen. Das beharrliche Pendeln zwischen Trauer und Wut, das Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden, lastet auf seinen Schultern.
UND TSCHÜSS




Wetterhäuschen

Auf dieser Tafel rekonstruiert Iris Stephan mit Hilfe eines historischen Fotos aus der Stiftung Zanders ein pittoreskes Beispiel verschwundener baulicher Substanz.
Die vergessene, ursprünglich hier beheimatete Wetter-station musste dem heute diesen Platz einnehmenden Labor weichen. Nichts erzählt mehr von der Bedeutung der hier gemessenen wichtigen meteorologischen Daten für den Papierherstellungsprozess. 


Das durch ein verdecktes Wortfragment entfremdete Hinweisschild schafft eine überraschende, nur auf den ersten Blick ungebrochen humorvoll wirkende Erweiterung des ursprünglichen Sinnzusammenhangs. Die Künstlerin schafft hier eine geradezu märchenhaft unschuldig anmutende Szene (junge Frau in weißem Kleid auf Zehenspitzen vor Wetterhäuschen) und konfrontiert uns zugleich mit einem noch heute aktuellen Tabuthema: dem gesellschaftlichen Umgang und den sozialen und ökonomischen Folgen ungewollter Schwangerschaft.
Die Künstlerin verwandelt das ehemalige Wetterhäuschen in eine offizielle Ausgabestelle für Verhütungsvorschriften - damals wie heute wohl undenkbar.



Gute alte Zeit

Wenn die Gegenwart umfassende Veränderungen fordert, wenn fremdes Denken, unbekanntes Tun Einzug in unseren gewohnten Alltag hält, wenn uns die Zukunft unsicher erscheint, neigen wir Menschen dazu, die alten Zeiten zu verklären. Ja damals, da war alles besser. Bitte nicht stören!


Diese Collage erzählt uns in Kurzform die Geschichte dieser guten alten Zeit: plakativ dahin geblättert, wie ein in seine Einzelteile zerlegtes Daumenkino. Ganz oben der Zanders-Schriftzug, davor ein Kleinlastwagen, bereit zur Auslieferung
der Feinpapiere – auf geht’s. Im Hintergrund ein wenig Natur. Hinaus in die Welt, auf verkehrs-armen Straßen, durch beschauliche Wohnsiedlungen, und wieder ein Stückchen Natur. Zanders belieferte mit seiner LKW-Flotte die nahe und die weite Welt mit Premiumprodukten. Die Papierfabrik war ein guter Arbeitgeber, der vielen Familien ihr Auskommen sicherte. Zanders prägte die Stadt und die Region über viele Generationen. Ein Verschwinden dieses Giganten war schlicht nicht vorstellbar.

Mit ihrer grauschwarzen Malerei, dem schmutzigen Auswurf, den turbulenten Wolkenstrudeln und den giftgelben Flecken und Pfützen bricht Iris Stephan die wohlige Idylle. Sie stört den schönen Schein und erinnert uns an den in alter Zeit recht sorglosen Umgang mit der Natur.



Nur vom Feinsten

Das Kalandersaalgebäude erbaut 1888 ist heute denkmalgeschütz.
 
Die Arbeiterinnen im Kalandersaal hatten die Aufgabe, die hochwertigen Papiere, für die Zanders berühmt war, Blatt für Blatt zur Veredelung in den Kalander einzuführen. Ein System aus beheizten und polierten Stahlwalzen entzog dem Papier seine Restfeuchte und gab ihm Glätte und Glanz.
Nach dieser aufwendigen Spezialbehandlung wurde jeder einzelne Bogen von den Sortiererinnen noch einmal einer Qualitätskontrolle unterzogen und dann erst verpackt. Eine schwere, äußerst anstrengende Arbeit, die über Stunden Genauigkeit und höchste Konzentration erforderte. Mit jedem Blatt hielten die Mitarbeiter-innen somit ein Stück Verantwortung für die Einhaltung des Qualitätsversprechens und dem daran gekoppelten Erfolg der Zanders-Feinpapier AG buchstäblich in ihren eigenen Händen.



Diese Tafel ist ein gutes Beisspiel für das assoziative Vorgehen der Künstlerin bei ihrer Arbeit. Inspiriert von einem Foto (hier die Arbeiterin am Bogenkalander), dem Innen und Außen des Ortes, der konservierten Atmoshäre, den Farben, den recherchierten Fakten und erzählten Geschichten, übersetzt sie das Reale ins Abstrakte.
In der unteren Hälfte ihrer Arbeit greift sie die Fromensprache dieser beeindruckenden Maschine auf, übernimmt die schwarz-grau-rost dominierten Farben der Walzen und Bänder und schafft so ein abstraktes Abbild des Kalanders.

.

Drehschiebeeinheit

„Papier wird im Holländer gemacht“, so sagen es die erfahrenen Papiermacher. In den wannenförmigen, mit Messerwalzen ausgestatteten Trögen wurden Lumpen, Zellstoff, Holzstoffe und Altpapier zerkleinert, zerfasert und durch Zugabe von Wasser gemahlen. Dann musste der sogenannte Stoffmüller Füll-,  Farb-, und Hilfsstoffe
so anreichern, dass damit dass gewünschte Papier zu produzieren war.

Iris Stephan inszeniert eine Drehschiebeeinheit oben auf der Fotocollage wie eine Krake, die auf ihren Einsatz lauert. Über ihn konnte man exakt steuern, welche Mengen der notwendigen Stoffe in das Gemisch kamen. Ein kleiner Junge beobachtet hier fasziniert, wie diese hochkomplexe Mischung entsteht:
Nach einer Zauberformel, die sich auch nicht offenbart, wenn wir ein Stück fertiges Papier in den Händen halten.



Tanz der chemischen Prozesse

Das gelbe Warnschild (ein Fundstück aus der Stoffaufbereitung der legendären Papiermaschine PM3) auf der zweiten Tafel an der ehemaligen Füllstoffzentrale fordert uns dazu auf, eine Schutzbrille zu tragen.

Dieser sicher fürsorglich gemeinten Aufforderung zu folgen scheint auch dringend nötig, denn Iris Stephan lässt die Elemente frei.
Mit ihrer expressiven Malerei gibt sie diesem Werk Freiheit, sie lässt die Farben streunen, Partner suchen. Hier eine Verbindung als glättende Aktion, dort eine Trennung als scharfe Reaktion. Hier mischen sich die Stoffe, hier finden sie die beste Formation.





Die im Dunklen sieht man nicht

Das ursprüngliche Werkstattgebäude wurde 1880 errichtet und später durch An- und Umbauten zur Zentralwerkstatt erweitert; denn mit der Anschaffung neuer Papiermaschinen (ab 1888) war doch eine viel größere und modernere Reparaturwerkstatt erforderlich. Hier waren fast alle handwerklichen Berufe vertreten.

Iris Stephan skizziert in ihrem Werk das im Rahmen des Rückbaus völlig geräumte Gebäude (F45) fragil und nur in grob angedeuteten Konturen. Alles ist offen, vieles scheint möglich. Die Hülle steht auf eruptivem Grund. Vielleicht befeuert ein noch im Dunkeln verborgener, kreativer Geist das starre Magma, um mutig ans Licht zu drängen und das verlassene Gebäude mit neuem Leben zu füllen.
Eine visionäre, schemenhafte Abstraktion auf das, was hier noch werden kann. Ein optimistischer Blick auf die komplexen Herausforderungen des Konversionsprozesses und dessen künstlerische Flankierung durch die kreativen Geister.

Die Betriebsmittel-Kennzeichnungen „Umschaltung“ und „Licht“ sind Fundstücke vom Werksgelände.